Frauenrechte in Indien
Rechte von Frauen stärken
Es ist noch ein weiter Weg. 1000 Jahre bräuchte die Gesellschaft in den meisten Ländern laut einer Schätzung noch bis zur Gleichberechtigung der Geschlechter – würde sie das aktuelle Tempo der Entwicklung beibehalten.
Überall in Süd-Asien werden Frauen benachteiligt. Die Geburt eines Jungen wird gefeiert, die eines Mädchens eher selten. Selbst arme Familien investieren in Bildung des Sohnes, in die der Tochter weit weniger. Die deutlichen Ungleichgewichte bei der Bildung, bei Beschäftigungsraten, Bezahlung, bis hin zur Besetzung politischer Ämter sind dabei nur die eine Seite.
Diese Gewalt, die nur in den seltensten Fällen angezeigt und strafrechtlich verfolgt wird, ist Ausdruck eines strukturellen Machtungleichgewichtes zwischen Männern und Frauen.
Ein Drittel der Frauen in südasiatischen Ländern werden Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt. Die meisten erleben sie in den eigenen vier Wänden. Diese Gewalt, die nur in den seltensten Fällen angezeigt und strafrechtlich verfolgt wird, ist Ausdruck eines strukturellen Machtungleichgewichtes zwischen Männern und Frauen. Um Ungleichheit und Unrecht etwas entgegenzusetzen, setzt sich Karuna insbesondere für die Stärkung von Frauen und Frauenrechten in Indien und Südasien ein.
Gewalt gegen Frauen
Gewalt gegen Frauen ist weltweit eine der häufigsten Verletzungen der Menschenrechte. Diese Gewalt ist in der Regel ein Ausdruck der Macht von Männern über Frauen.
In den meisten Fällen wird die Gewalt von nahen Familienangehörigen oder dem eigenen Ehemann ausgeübt. Neben individuellen Beweggründen bilden strukturelle Ursachen das Hauptproblem, wie zum Beispiel Stereotype, die Ausübung von Gewalt gegen Frauen durch öffentliche Institutionen, diskriminierende Gesetze, Traditionen und Sprache. Frauen, die Gewalt erleben, leiden an den psychischen, körperlichen und gesellschaftlichen Folgen oft ihr Leben lang. Auch ihre Familien, insbesondere Kinder, leiden, wenn sie Gewalt beobachten. Nicht selten wird Gewalt auch über Generationen hinweg weitergegeben.
Eine von drei Frauen in Südasien ist Opfer von Gewalt
Bei den meisten Frauen (80 Prozent) ist es der eigene Ehemann, der sie schlägt, psychisch unter Druck setzt oder sogar vergewaltigt. Die weiterhin hohen Raten von Kinderehen, bei denen insbesondere die Mädchen noch minderjährig sind, machen Gewalterfahrungen für sie als körperlich stark Unterlegene wahrscheinlicher. Hinzu kommt, dass die meisten Ehen arrangiert sind und die Frauen nach ihrer Hochzeit zu der ihnen bis dahin nahezu völlig fremden Familie ihres Mannes ziehen, eine ohnehin oft traumatische Erfahrung, die sie verwundbar und unsicher macht. Gebildetere Frauen erleben seltener Gewalt und auch Männer mit besserem Bildungsstand werden seltener zu Tätern. Alkoholkonsum wiederum führt zu steigenden Fällen, denn 70 Prozent der Frauen, dessen Ehemänner vermehrt Alkohol konsumieren, erleben physische Gewalt durch ihren Mann.
Gerade Dalit-Frauen und junge Mädchen werden vermehrt Opfer sexualisierter Gewalt durch Männer aus dominanten Kasten.
Hintergründe für Gewalt gegen Frauen
Die indische Gesellschaft wird gleichermaßen stark durch das Patriarchat wie durch die Kastenhierarchie geprägt. Frauen und Kinder, besonders junge Mädchen der untersten Kasten bilden das verletzlichste Glied der Gesellschaft. Durch fehlende Chancengleichheit sind sie meist arm und weniger gebildet. Ungeschriebene Normen und Verhaltensweisen suggerieren ihnen immer wieder ihre niedrige Position. Dass sie Rechte haben und welche Rechte das sind, ist ihnen oft nicht bewusst. Gerade Dalit Frauen und junge Mädchen werden vermehrt Opfer sexueller Gewalt durch Männer aus höheren Kasten. Die Vorfälle, die mittlerweile vermehrt in der Öffentlichkeit bekannt werden, reichen bis hin zu Vergewaltigung und anschließendem Mord, auch mit dem Versuch durch sofortige Verbrennung des Leichnams jegliche Spuren zu beseitigen.
Frauen und Mädchen erkennen Gewalt
Ebenso wichtig wie die juristische Aufklärung und die Herstellung von Rechtssicherheit für betroffene Frauen ist die Prävention von Gewalt. Karuna arbeitet daher in Indien mit Schulen zusammen. Hier werden einerseits Kurse mit jungen Mädchen durchgeführt, in denen sie Selbstverteidigung lernen. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein. Andererseits können sie in einem geschützten Rahmen über ihre bereits erlebten Erfahrungen von Gewalt sprechen. Erfahrene Trainer:innen klären sie über die verschiedenen Dimensionen von Gewalt auf. Oft ist jungen Mädchen gar nicht bewusst, welches Unrecht sie erleben, und dass sie die Möglichkeit haben „Nein“ zu sagen. Auch die Lehrer, Jungen und Väter werden für die vielfach als normal empfundene Diskriminierung von Mädchen sensibilisiert. Sie ist ein Grund für die Gewalt, die Mitschülerinnen, Schwestern, Mütter und Töchter zu oft erleben müssen. Mütter werden dazu ermutigt, hinter ihren Töchtern zu stehen und sich aufzulehnen, wenn Unrecht geschieht. So entstehen durch die Arbeit von Karuna gewaltfreie Schulen.
So stärken wir Rechte von Frauen
In Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern vor Ort geben wir Frauen und ihren Familien Hilfe zur Selbsthilfe. Die von uns unterstützten Projekte versetzen sie in die Lage, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und nachhaltig zu verbessern. Dass Frauen in Indien selbstbestimmt leben können, erreichen wir vor allem durch Sensibilisierung, Soforthilfe und Hilfe beim Lebenserwerb.
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Karuna Deutschland unterstützt seit Jahren Organisationen in ganz Indien dabei, Gewalt gegen Frauen effektiv zu bekämpfen. Adivasi- (indigene) und Dalit-Frauen erfahren dabei unsere besondere Unterstützung. Außerdem setzen wir den Fokus gerade auf die Bezirke, die besonders hohe Fallzahlen von Gewalt gegen Frauen verzeichnen. Dabei werden alle Gruppen in die Arbeit unserer Partner einbezogen, so insbesondere auch männliche Jugendliche, junge Männer sowie Polizei, Gerichte und andere öffentliche Einrichtungen. Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, erhalten psycho-soziale und juristische Unterstützung. Jungen und Männer werden für das Thema sensibilisiert und zu Multiplikatoren ausgebildet.
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Besonders wichtig ist die Arbeit mit den öffentlichen Stellen. Hat deren unsensibles Verhalten in der Vergangenheit eine Anzeige durch betroffene Frauen eher unwahrscheinlicher gemacht, so sollen sie jetzt für den angemessenen Umgang sensibilisiert werden. Zu den Personen gehören Vertreter:innen von sogenannten One Stop Centers für Soforthilfe betroffener Mädchen und Frauen, Polizei, Gerichte, Staatsanwälte und Anwält:innen. Frauen, oft solche, die selbst das Trauma einer Gewalterfahrung überwunden haben, werden außerdem zu Rechtshelferinnen ausgebildet, die nun andere Frauen bei dem Kampf für Gerechtigkeit unterstützen können.
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Der Weg hin zu einem juristischen Prozess kann hart und lang sein. Damit Frauen ihn nicht alleine gehen müssen, arbeitet Karuna mit ihren Partnern auch an Aufbau und Stärkung von Selbthilfegruppen- und Frauen-Organisationen als Unterstützungsstruktur. Die Familien der Betroffenen sprechen sich aus Angst vor einem schlechten Ruf oft noch gegen eine Anzeige aus, somit erfahren die Opfer von Gewalt also zu Hause nur selten Unterstützung. Auch fällt das Auflehnen gegen Gewalt durch den Ehemann mit einer Trennung zusammen, die die Frauen zu Alleinerziehenden macht – es bedarf einer Unterhaltsquelle. Daher ergänzen Programme zur Einkommensförderung unsere Projekte in diesem Bereich.
SHANTABAIS GESCHICHTE
Kinderbraut wird Rechtsberaterin im Kampf für Frauenrechte
Shantabai – Sie war die fünfte von zehn Geschwistern und bereits verheiratet, bevor sie richtig laufen konnte. Sie war ein Jahr alt und der „Ehemann“ war fünf. Zur Schule ging sie nicht, obwohl sie eingeschrieben war, als „Unberührbare“ wurde sie dort nur gemobbt.
Heute ist Shantabai Aktivistin für Frauenrechte, speziell gegen Kinderehen. Die 54-jährige Rechtsberaterin („barefoot lawyer“) leitet Schulungen und bildet andere Aktivistinnen aus. Es war nicht leicht, sich die nötige Schulbildung selbst beizubringen. Als Tagelöhnerin begann sie ihren Kampf um Gerechtigkeit in der Gewerkschaft. 2014 kam sie in Kontakt mit dem Maitri-Netzwerk, das von Karuna Deutschland unterstützt wird. Heute berät sie besonders Frauen nach Gewalterfahrung und begleitet sie auf dem schweren Weg zur Polizei und den späteren Gerichtsterminen.
Regelmäßig leitet sie Kampagnen zur Sensibilisierung für Gewalt gegen Frauen. Das Maitri-Netzwerk ermöglicht ihr, sich in Rechtsfragen weiterzubilden.
Shantabai sagt: „Ich arbeite seit 30 Jahren mit Frauen zusammen – die Zusammenarbeit mit Maitri hat mir geholfen, selbst schwierige Gruppen wie Regierungsbeamte einzubeziehen. Denn die müssen ja Fälle von Gewalt gegen Frauen bearbeiten. Wir bemühen uns, jede betroffene Frau zu unterstützen. Der Beamte, der in meinem Distrikt zuständig ist, um bei häuslicher Gewalt zu intervenieren, muss jetzt 40 Prozent mehr Fälle bearbeiten. Er hat sich schon beschwert," sagt Shantabai mit einem Lächeln.
Ein schwerer Weg, aber jetzt kann ich wirklich helfen."
Frauenrechte Projekte
Spende für die Rechte von Frauen
Mit 50 € im Monat können wir zum Beispiel einen Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurs für 30 Mädchen finanzieren. Etwa 25 € werden benötigt, damit eine Überlebende von sexueller Gewalt ihren Fall rechtssicher dokumentieren und vor Gericht bringen kann.