Umweltfreundlich bauen – nachhaltiger Lebenserwerb in Indien
BETEILIGTE PERSONEN
480
THEMA
Lebenserwerb
ORT
Indien, Tamil Nadu
Was sind die Herausforderungen?
In manchen Gegenden Indiens gibt es für viele Menschen kaum eine andere Möglichkeit, etwas Geld für den Lebensunterhalt der Familie zu verdienen, als die Arbeit in Ziegelfabriken. Insbesondere Menschen aus benachteiligten Gemeinschaften, wie die Dalits, sind darauf angewiesen. Den ganzen Tag, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, verbringen sie mit der Herstellung von Lehmziegeln. Außer in der Regenzeit, denn die Ziegel müssen vier Wochen in der Sonne trocknen. Die Leiter der Ziegelfabriken bieten ihnen, scheinbar großzügig, einen Kredit an, um diese Zeit zu überbrücken. Doch nach der Regenzeit sind die Arbeiter gezwungen, den Kredit abzuarbeiten. Dazu kommen meist sehr hohe Zinsen. Weil nach Abzug der Kreditraten und der Zinsen nicht genug Geld zum Überleben bleibt, muss die ganze Familie mitarbeiten, auch die Kinder, die deshalb nicht zur Schule gehen können. Die Familien sind in eine Lohnknechtschaft geraten, moderne Sklaverei.
Abgesehen von der Ausbeutung der Menschen sind die Ziegeleien auch eine große Belastung für die Umwelt. Das International Centre for Integrated Mountain Development (ICIMOD) beziffert die Anzahl der Ziegelöfen in Indien mit 140 bis 210 Tausend (2017) und die abgebaute Lehmmenge mit 700 bis 750 Millionen Tonnen.2 Um den Lehm für die Ziegel zu beschaffen, werden große Flächen zerstört. Bestehende Gesetze, die die vollständige Renaturierung solcher Flächen vorschreiben, werden großenteils nicht beachtet.
Das Befeuern der Öfen zum Brennen der Ziegel verursacht hohe Ruß-, Rauchgas- und CO2-Emissionen. Das ICIMOD nennt in seinem Faktenblatt zum Produktionssektor „Gebrannte Lehmziegel in Indien“ einen Kohleverbrauch in diesem Bereich von 29 bis 35 Millionen Tonnen und CO2-Emissionen von 60 bis 65 Millionen Tonnen (jeweils 2017). Die Ziegelproduktion ist damit laut dailyO nach den Wärmekraftwerken und der Eisen-und-Stahl-Industrie der drittgrößte Luftverschmutzer.
Was ist das Ziel des Projektes?
Für 120 Frauen werden Verdienstmöglichkeiten durch die Herstellung von Ziegelsteinen geschaffen. Durch die Einrichtung von zwei Produktionsstätten mit je fünf Ziegelpresse erhalten Frauen eine Perspektive für ihr Leben und für das Wohlergehen ihrer Familien. Insgesamt wird das Projekt zur ländlichen Entwicklung einer Region beitragen, die von Armut und Marginalisierung einzelner Gemeinschaften stark betroffen ist.
Das Projekt fördert ausschließlich die Produktion von CSEB (compressed stabilized earth blocks), das sind gepresste Lehmziegel, denen zur Verbesserung der Festigkeit abhängig von der örtlichen Lehmzusammensetzung 5 bis 10 % Portlandzement (OPC – ordinary Portland cement) beigemischt wird. Weil die Ziegel nicht gebrannt werden, wird trotz des enthaltenen Zements deutlich weniger CO2 emittiert als bei den in Indien üblicherweise hergestellten gebrannten Ziegeln.
Was sind die Hauptaktivitäten?
Das Projekt umfasst Schulungen zur Herstellung und Vermarktung der CSEB-Ziegel. Die zwei Dorfgruppen produzieren die Ziegel gemeinsam und registrieren sich als Kooperative oder als Gemeinschaftsunternehmen. Die fertigen Ziegelsteine werden an kleine und mittelgroße Bauunternehmen der Umgebung verkauft. Sobald sich die Gruppen gefestigt haben und Gewinn machen, werden sie einen Teil des Gewinns sparen, um weitere Maschinen anzuschaffen und weitere Bedürftige mit einzubeziehen.